Im Taxi (2)

Veröffentlicht am 2. August 2025 um 13:30

Ich habe die Nerven verloren. Ich gebe es ungern zu, aber so war es. In Mannheim stiegen viele Menschen aus. Vielleicht wollten sie tatsächlich in den anderen, verspäteten Zug umsteigen, vielleicht zwangen sie dringende Geschäfte hinaus. Der Zug Saudrecks also leer. Aber: Er fuhr nicht los. Dann die Information: Personen auf den Gleisen. Der Zug müsse umgeleitet werden, man rechne mit 30-40 Minuten Verspätung. 
Da habe ich die Nerven verloren. Wir steigen aus! sage ich zum Mann.Wir nehmen ein Taxi!

Wir rafften also unser Reisegepäck zusammen und stürmten nach draußen. Schon ordert der Mann weltmännisch ein Uber, das Kind wirkt entspannt bis unbeteiligt, ich bin ein Nervenbündel. Auf der Fahrt im Uber checke ich ständig und vollkommen unnötigerweise die DB App und frage mich, ob das die richtige Entscheidung war oder der Zug nun doch schneller als wir ankommen wird. Der Mann plaudert mit unserem pakistanischen Fahrer über die besten Autoreifen und die muslimische Gemeinde in Deutschland. Ich würde gern an den Nägeln kauen, aber damit habe ich mit 25 aufgehört. Jetzt bin ich 52 und überlege, wieder damit anzufangen. Aber ist die Deutsche Bahn ein ausreichender Grund dafür, ein altes Laster wiederaufzunehmen? Außerdem muss ich aufs Klo. Eigentlich wollte ich im Zug gehen, sobald dieser wieder losgefahren wäre. Ich habe nämlich als Kind gelernt, dass man in stehenden Zug nicht auf die Toilette geht. Schließlich könnte im Bahnhof ein Maschinist unter dem Wagen liegen, der dann alles abbekäme. Ich weiß nicht, ob es überhaupt noch Maschinisten gibt, die an dem Zustand der Deutschen Bahn etwas ausrichten können, wahrscheinlich nicht. Aber früh Eingeläutes sitzt tief. Jedenfalls für der Zug dann gar nicht los, ich verlor die Nerven und folglich muss ich jetzt. Das ist gutes Beckenbodentraining kommentiert meine Tochter mein leises Gejammer. 


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